Sonntag, 9. Juli 2017

Volvo Penta MD6a startet nicht

Die Vorgeschichte...

Letztes Jahr hatten wir leider nur sehr wenig Zeit für unsere Svela. Daher auch nur sehr wenige und kurze Touren. Beim Einwintern wollte der Motor dann nicht mehr anspringen. Verdammt!

Nach einigem hin und her habe ich dann den Frostschutz durch über eine Stunde Kurbeln durch den Motor gejubelt...

Die Fehlersuche

Fürs Erste hatte ich jedenfalls die Nase gestrichen voll, was Bootsmotoren angeht. Im Frühjahr habe ich dann mal noch einiges probiert. So kompliziert ist so ein alter Diesel ja nun nicht. Außer Diesel, Luft und Kompression braucht er eigentlich nichts...


Er saugt Frischluft an, schließt dann die Ventile und spritzt Diesel ein, wobei die Brennkammer durch den Kolben wieder komprimiert wird. Ist der Diesel weit genug komprimiert, entzündet er sich von selbst und drückt den Kolben wieder runter. Jetzt muss durch die Aufbewegung des Kolbens nur wieder die verbrauchte Luft durch das Auslassventil wieder aus der Brennkammer gedrückt werden. Fertig. Also schauen wir mal:

1. Diesel

Was kann hier schieflaufen?

Stopp-Hebel gezogen?

Hört sich doof an, ist mir aber auch schon mal passiert. Nur ein paar Millimeter war er noch gezogen und ich hab mich gewundet, dass der Motor nicht anspringt. War jetzt aber definitiv nicht das Problem.

Filter dicht?

So viel an Filtern gibt es ja auch nicht. Ich habe einen Wasserabscheider, dann einen kleinen Filter in der Dieselpumpe und den Dieselfeinfilter. Sah soweit alles gut aus, Dieselfeinfilter habe ich wie jedes Jahr dann auch frisch gewechselt. Keine Verbesserung.

Luft im System?

Also alles mehrfach entlüftet... Schön nach Handbuch: Erstmal die Schraube am Feinfilter gelöst, ordentlich was rausgepumpt, zum Schluss auch am Zulauf zu den Einspritzdüsen. Soweit alles ok. Nur starten wollte er nicht.

Einspritzdüsen

Letzte Möglichkeit wäre beim Diesel, dass die Einspritzdüsen nicht mehr sauber sprühen. Aber das zu kontrollieren ist dann auch eine größere Aktion, was? Dazu muss man den Zylinderkopf ausbauen und die Einspritzdüsen prüfen (lassen).

2. Luft

Das ist ja nun wirklich ein schlichtes System bei so einem Diesel. Ich habe einfach mal den Luftfilter abgenommen. Auch keine Besserung. Gereinigt habe ich den Luftfilter dann gleich auch noch mal. Aber der Grund war hier definitiv nicht zu finden.

3. Kompression

Wenn fehlender Diesel oder Luft ausgeschlossen sind, bleibt eigentlich nur noch die Kompression... Also los:

Dekompressionshebel

Der MD6a hat einen Dekompressionshebel, mit dem man die Ventile öffnen kann (ich weiss gar nicht, welche Ventile da geöffnet werden. Die einlassenden oder die auslassenden?). Der sollte natürlich flach liegen also die Kompression nicht verhindern. Dieter aus der Klassenvereinigung hat noch den Hinweis gegeben, dass die Feststellschraube der Dekompressions-Welle wohl schon mal gelockert sein kann, so dass der Mechanismus nicht mehr sauber funktioniert. War bei mir aber nicht das Problem...

Zylinderkopfdichtung

Zwischen Zylinderkopf und Motoblock befindet sich die Zylinderkopfdichtung. Wenn die hin ist, kann Luft den Motorraum verlassen, ohne dass es zu der notwendigen Kompression kommt. Auch hier müsste man zur Kontrolle den Zylinderkopf abnehmen. Nimmt man ihn ab, ist auch eine neue Zylinderkopfdichtung fällig ;-)

Ventile

Wie auf dem Schaubild oben zu sehen, klappern die Ventile immer hoch und runter. Müssen allerdings bündig mit dem Zylinderkopf abschliessen in oberster Position, sonst kann auch hier der Druck eintweichen, was wiederum keine Kompression und damit auch keine Zündung zur Folge hat. Auch die Ventile zu prüfen erfordert wieder, dass man den Zylinderkopf abnimmt. Mein Stegnachbar hat auf die Ventile getippt. Da man bei Segelbooten den Motor ja doch nur sporadisch nutzt, kommt es an den Ventiloberseiten gerne zu Ablagerungen, die über die Zeit dafür sorgen, dass die Ventile nicht mehr dicht schliessen.

Kolbenringe

Die letzte Möglichkeit, bei der der Druck entweichen könnte, sind die Kolbenringe. Die Kolbenringe dichten den Kolben seitlich ab. Wenn man die Kolbenringe erneuern will ist aber noch mehr Basteln angesagt, da man dann eigentlich den kompletten Motor zerlegen muss...

Was also?

Nachdem ich alles andere ausgeschlossen habe, konnte es eigentlich nur noch an der Kompression liegen. Also habe ich dann doch den Zylinderkopf abgenommen. Was ich gefunden habe:
  • Ventile: Ich habe den Zylinderkopf auf den Kopf gestellt und Wasser auf die Ventile gegeben. Bei zwei Ventilen ist das Wassser so durchgelaufen. Also definitiv ein Kandidat für die fehlende Kompression. Ventile lassen sich relativ leicht selber schleifen. Da gibt es auch nette Videos auf YouTube zu. So einen Penöpel zum Drehen habe ich mir bei einer benachbarten Werkstatt geliehen. 
  • Zylinderkopfdichtung: Zylinderkopfdichtung?! Da war nix mehr von zu sehen. Also noch ein Kandidat für die fehlende Kompression. Eine neue Zylinderkopfdichtung für einen MD6a bekommt man auch für relativ kleines Geld gekauft (Original Volvo Penta für ca. 120€, ich habe ca. 60€ bezahlt).
  • Oberfläche des Zylinderkopfs / Motoblocks. Die Oberflächen können mit der Zeit natürlich auch weit entfernt davon sein, plan zu sein. Da hilft dann auch keine neue Zylinderkopfdichtung mehr. Bei mir sah der Zylinderkopf so aus, als ob man ihn noch mal etwas planen könnte, der Motorblock selber sah völlig ok aus.
Da ich den Zylinderkopf nun schon man runter hatte, wollte ich aber auch sicher sein und die Einspritzdüsen prüfen lassen. Da gibt es auch spezielle Abzieher für, aber mir war es da doch sicherer, das von einem Fachmann machen zu lassen. Der hat sich den Zylinderkopf dann nochmal komplett vorgenommen: gesäubert, Einspritzdüsen ausgebaut und abgedrückt (waren noch 1a ok nach 40 Jahren!), Ventile nachgeschliffen, Oberfläche geplant.

Er Läuft!

Letzten Freitag habe ich dann alles wieder zusammengebaut:
  • die Einspritzdüsen schön mit Kupferpaste eingesetzt (für die nächste Überholung in 40 Jahren),
  • den Zylinderkopf mit einem Drehmomentschlüssel wie im Werkstatthandbuch beschrieben angezogen,
  • ordentlich entlüftet und...
Er Läuft wieder frisch und munter. Ganz ehrlich wollte ich eigentlich nie so viel von Dieselmotoren verstehen... aber was hilft es. :-)